Villa im Friaul

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Die Villa im Friaul

Geschichte ihrer Funktionen und Formen

Die Grenzlage machte den Friaul zu einem Gebiet kulturellen Austauschs zwischen Nord und Süd. Dies zeigen auch die vielfältigen Formen, Stile und Funktionen der herrschaftlichen Architektur auf dem Land: Hier stehen venezianische Villen und mitteleuropäische Schlösser manchmal fast unmittelbar nebeneinander.

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Erschienen 2009, 320 Seiten 23 x 39 cm, Böhlau Verlag, Wien.

ISBN-978-3-205-78342-8

Die 1994 erschienene erste Fassung (Udine Magnus, in deutscher Fassung: Prestel, München) trug den Titel "Die Villen des Friaul", dabei standen die einzelnen Villen stärker im Vordergrund. In der zweiten Fassung geht es dagegen mehr um das Phänomen Villa im Friaul.

In ganz Italien gibt es Villen mit sehr unterschiedlichen Funktionen, die eigentlich nur der gemeinsame Begriff verbindet. Da Diskussionen und wissenschaftlicher Streit oft vom Begriff, nicht aber vom Objekt ausgehen, gibt es eine oft sinnlose Diskussion über den besonderen Charakter der italienischen Villa, wobei der strittige Punkt meist schon zu klären wäre, wenn man sich darüber einigen würde, über welche Villa man eigentlich sprechen will.

Im italienischen Spachgebrauch ist der Begriff Villa sehr weitgefasst, heute ist ein kleines Reihenhaus eine villa a schiera. Vom 14. bis zum 19. Jahrhundert wurde fast jede Form von besserem Haus auf dem Land als Villa bezeichnet. Villa bedeutet in alten Dokumenten schlicht Dorf, unsere heutigen Villen heißen palazzo in villa oder casa dominicale in villa. Die Villa war also ein Dorf, ein Weiler, was sicher dieselbe sprachliche Wurzel hat. Eine Villa bestand aus vielen Gebäuden und konnte auch ein herrschaftliches Haus haben, da fast immer in jedem Weiler zumindest ein Verwalter den Betrieb führte.

So beginnt der Begriff Villa knapp über dem Bauernhaus, Villen sind Gutshäuser. Ein wesentlicher Unterschied zum Gutshaus liegt allerdings darin, dass die Villa eigentlich einem Stadtbürger gehörte, der auf dem Land nur gelegentlich lebte, um sich um seinen Besitz zu kümmern. Der deutsche Gutsherr dagegen stammte vom Land, hatte meist keinen Stadtsitz, was ihm viel zu teuer gewesen wäre, und die juristische Trennung in Stadt und Land sowie die feudale Bindung des Landes, das bis ins 19. Jahrhundert keine handelbare Ware darstellte, hätten die enge Anbindung an die Stadt auch unmöglich gemacht. Tatsächlich greift der italienische Begriff der Villa aber noch tiefer als der des Gutshauses: Ein größerer Besitz in Deutschland konnte neben dem zentralen Gutshaus noch sogenannte Vorwerke besitzen, wo ein Verwalter lebte. Zu dieser Kategorie gehören die meisten Villen des Veneto, nur sind sie kunsthistorisch völlig bedeutungslos, da sie praktisch keine repräsentative Funktion hatten.

Auch nach oben geht der Begriff der Villa sehr weit, es können im deutschen Sinn Jagdschlösser oder Lustschlösser sein. Gehört ein solches einem Herrscherhaus, so heißt dies im Piemont Castello, in der Toskana aber Villa, wahrscheinlich, weil die großen Medicivillen schon der Familie gehörten, bevor sie zu Großherzögen der Toskana wurden; der Begriff blieb erhalten. Die Papstvillen in und um Rom gehörten offiziell den Nepoten, waren familiärer Privatbesitz, weshalb der Begriff Villa hier korrekt erscheint. Castel Gandolfo war dagegen ein offizieller Landsitz.

 

Der Friaul ist eine Grenzregion, die historisch, geografisch und kulturell zwischen den Kulturen liegt, die sich hier vermischten. Die habsburgisch-venezianische Grenze verlief mitten durch das Land, zudem gab es vier Sprachgrenzen, sehr unterschiedliche Klimazonen und ganz unterschiedliche Bodenverhältnisse zwischen Alpen, Hügelland, Karst, fruchtbarer und unfruchtbarer Ebene. Der Friaul ist daher ein ideales Land um zu betrachten, unter welchen Bedingungen Villen entstanden, was sich mit welcher Grenze änderte, oder auch nicht; zudem gab es hier ein meist unfreundliches Nebeneinander von venezianischem und lokalen Stadtadel sowie meist deutschstämmigen Feudalherren. Alle bauten sie herrschaftliche Häuser auf dem Land, oft im selben Dorf nebeneinander, meist gegeneinander. Wo da die Grenze zwischen Villa, Gutshaus und Schloss verläuft, ob eine solche sinnvoll zu ziehen ist, das ist das Thema dieses Buches.

Es ist eine kleine Kulturgeschichte des Herrenhauses, am Beispiel des Friaul.

 

Fotos: Susans, Villalta, Dolfin, Tapogliano, Deciani, Tissano von hinten.